Mit einem “Passierschein” zum Auftritt

Sabine Trunzer holt Bands nach Deutschland

Sabine Trunzer mit der von ihr betreuten Band Ole Lukkøye. Ein bisschen wird noch gefeiert, morgens geht es schon wieder weiter nach Österreichnach dem Konzert ist vor dem Konzert.
SZ-Foto: Stefan Rother
ZWIEFALTEN – Ethno-Trance aus St. Petersburg, Progressive Jazz Rock aus Ungarn, altgediente Acid Rocker aus Wales: aufregende Musik, die man in der Region nie live hören kann? Kann man doch: Sabine Trunzer holt Bands wie Ole Lukkøye, Kampec Dolores oder Man nach Zwiefalten – falls sie nicht gerade mit ihnen durch die Weltgeschichte tourt.

Von unserem Mitarbeiter Stefan Rother

Budapest, 23 Uhr, Sziget-Festival: Nicht alles läuft rund für Ole Lukkøye. Im offiziellen Programmheft des Insel-Open-Airs wurde die Band für einen anderen Abend angekündigt, und jetzt hat auch noch die Vorgruppe überzogen, was auf Kosten der Spielzeit der St. Petersburger geht. Grund genug, sich aufzuregen, aber Sabine Trunzer ist die Ruhe selbst.

Gerade noch hat sie den nur begrenzt Englisch sprechenden Musikern die Lage erklärt, jetzt schleppt sie den Diaprojektor für die psychedelischen Projektionen zum Mischpult. Und als schließlich das Konzert beginnt und das Publikum begeistert mitgeht, tanzt sie versonnen im Bühnenhintergrund mit: Hat sich eben doch gelohnt, der ganze Stress. Auch wenn man nachher noch möglichst viele CDs aus einem Karton verkaufen und die Nacht im Freien verbringen muss, bevor es am nächsten Tag weiter zum Konzert im österreichischen Salaberg geht.

Auf den Weltmusikfestivals Europas sind die Bands, die die gebürtige Schrambergerin bei ihrer Booking & Promotion-Agentur unter Vertrag hat, hochbegehrt. Damit aber auch das hiesige Publikum in den Genuss der außergewöhnlichen Klänge kommen kann, veranstaltet Sabine Trunzer jetzt auch im Haus “Forellental” in Zwiefalten-Gossenzugen regelmäßig Konzerte. Die offene, entspannte Atmosphäre passt zum musikalischen Programm der nicht umsonst “Open Minds Roadrunners” getauften Agentur: Offenheit, das gilt vor allem in Hinsicht auf die vielen Musikstile, die die 29 betreuten Bands vereinen.

Reich wird sie dabei nicht

Um sechs dieser Gruppen kümmert sich Sabine Trunzer ganz intensiv, jedes Mal mit auf Tour gehen kann sie allerdings auch nicht. Denn da mit solcher Musik für Genießer keine Reichtümer anzuhäufen sind, arbeitet sie zu 70 Prozent in der Psychiatrie in Zwiefalten – “und die anderen 70 Prozent beschäftige ich mich mit Tourplanung, Finanzen, Suche nach geeigneten Plattenlabels.”

Begonnen hatte alles mit einem verloren geglaubten Koffer, den die schon immer Musikbegeisterte vor neun Jahren für eine Band aufspürte, dann zog ihr Engagement immer weitere Kreise. Mittlerweile wird ihre Agentur mit Demo-Aufnahmen überschwemmt, von hundert Stück legt sie sich aber allenfalls zwei zur Seite. Schließlich sind die überwiegend osteuropäischen Bands sehr betreuungsintensiv, was bei den Visa anfängt und bei der Tour in Deutschland nicht aufhört.

Im russischen Auto durch Bayern

Als Ole Lukkøye vor drei Jahren im VW-Bus mit russischem Nummern­schild durch Bayern fuhren, stoppte sie an jeder Autobahnausfahrt eine gründliche Polizeikontrolle, bis Sabine beim fünften Stopp von den Beamten schließlich einen “Passierschein” orga­nisierte. Mit dem schaffte man es doch noch pünktlich zum abendlichen Konzert – und der ganze Stress hatte sich einmal mehr gelohnt.

Am Dienstag, 14. September, spielen Endiche aus Polen im Haus “Forellental”, Einlass 19.30 Uhr, Beginn 21 Uhr.
Weitere Infos unter www.openmindsroadrunners.de.

August 2004