Ole Lukkøye Crystal Crow-Bar
(72:35, Think Progressive, 2000)
Lange Zeit sorgte der eiserne Vorhang gezwungenermaßen dafür, dass man vor der Musikszene ist Osteuropa nur ganz selten etwas zu hören bekam. Doch nach ideologischer Öffnung kleckert jetzt langsam aber stetig, eine ansprechende Anzahl von Bands auch in unsere Breiten herein. Die aus St.Petersburg stammenden Ole Lukkøye wurden bereits 1989 von Boris Bardash und Andrej Lavrinenko gegründet und “Crysal crow-bar” ist mittlerweile deren viertes Album. Die beiden stammen aus der Art Rock / Improvisationsszene, ihre Alben sind aber ebenfalls von psychedelischen, sowie Ambient und Trance Elementen durchzogen, wie auch traditionelle Klänge aus ihrer Heimat, der Musik einen ganz eigenen Charakter verleihen. Bereits letztes Jahr waren sie auf dem Burg Herzberg Open Air eine der großen Überraschungen und der äußerst rege Andrang an den Merchandise Ständen sorgte für einen unerwarteten Ausverkauf der mitgebrachten Tonträger. So kommt es also nicht von ungefähr, dass sie dieses Jahr wieder mit von der Partie sind und als letzte Band des ersten Abends auftraten. “Crystal grow-bar” klingt ungeheuer vital, bezieht aber seinen Reiz vor allem daraus, dass die mal treibenden, mal schleichenden Rhythmen von vielerlei folkloristischen Abstechern in die verschiedenen Kulturen der ehemaligen Sowjetunion getragen werden. Die Bandbreite reicht von orientalischer Mystik, bis hin zu Weisen aus Sibirien. Doch harte Gitarrenriffs oder weitausladende spacige Synthie-Klanglandschafen geben dem ungewohnten Höreindruck wieder einigermaßen festen Boden unter den Füssen. Trotz hauptsächlich englisch-sprachiger Titel, ist der schamanenartige Gesang nicht eindeutig irgendeiner Sprache zuordenbar, ergänzt sich aber mit der Musik perfekt. Der Stammestanz dieser russischen Indianer ist World Music im wahrsten Sinne des Wortes, da hier der Brückenschlag zwischen den Kulturen und Jahrhunderten geschafft wird. Abtauchen und Mitfließen.
Kristian Selm, Progressive Newsletter Nr.31 (07/2000)